22.04. ‐ 27.04.2025

Dead Mail

von Klara Albert | am Tuesday 13 May 2025

Kyle McConaghy, Joe DeBoer | 2024 | Horror | USA

Lichter Filmfestcritics blog

Dead Mail wurde als einer der „horrorhaftesten“ Beiträge des diesjährigen Lichter Filmfestivals in Frankfurt angekündigt und weckte hohe Erwartungen an ein Genre, das für seine Fähigkeit bekannt ist, den Puls in die Höhe zu treiben. Der Puls blieb unten. Leider gelingt es dem Film nicht, dieses Versprechen einzulösen. Statt eines packendenden Horrorstreifens präsentiert sich der Film als eine langatmige Erzählung, die die gewohnte Faszination des Genres vermissen lässt.

Im Postamt von Peoria landet ein rätselhafter Umschlag mit einer Halskette auf Jaspers Schreibtisch – ein Fund, der tatsächlich eine Kettenreaktion auslöst, aber keine gute. Während Jasper und sein Freund Renée dem Geheimnis nachspüren, entspinnt sich parallel die Geschichte um Josh, einem Synthesizer-Tüftler, der an den fanatischen wie psychotischen Synth-Fan Trent Wittington gerät. Zwei Welten, die unschön aufeinanderprallen.

Die erste Enttäuschung setzt bereits früh ein: Der Einstieg in die Geschichte zieht sich, als der Film sich in der Einführung der Hauptfiguren verliert. Die langsame Entfaltung des Kennenlernens von Trent und Josh, die in den ersten Szenen nichts weiter ist als ein schwaches Gerüst aus dialoglastigen Momenten und nicht viel aussagenden Bildern, fühlt sich eher an wie eine Vorbereitung auf ein Abenteuer, das nie richtig in Gang kommt. Was die Zuschauer*innen stattdessen bekommen, ist ein schleichendes Gefühl der Erwartung, das nie wirklich erfüllt wird. Es mangelt an der dynamischen Energie, die einen Horrorfilm auf die nächste Stufe hebt – der Film verharrt statisch, ohne je die nötige Bedrohung zu entfalten.

Ein weiterer Stolperstein ist der Einsatz von zwar inhaltlich passenden Synthesizer-Klängen, die auditiv jedoch mehr nerven als fesseln. Anstatt als gruselige Untermalung eine bedrohliche Stimmung zu erzeugen, wirken die ständig pulsierenden Töne eher wie ein unaufhörliches Dröhnen, das vom Geschehen ablenkt und die Zuschauer*innen aus dem Film reißt. Fehlende Spannung kann man eben nicht einfach „übersynthen“. Es entsteht das Gefühl, dass die Musik anstelle einer verstärkenden Wirkung nur eine störende Präsenz darstellt, die das ohnehin schon träge Tempo des Films noch weiter belastet.

Doch das eigentliche Problem von Dead Mail ist nicht einmal die unausgereifte Atmosphäre oder das schleichende Entwickeln der Story. Es ist das Fehlen einer klaren, fesselnden Erzählung. Während der Film mit dem Versprechen spielt, Jasper in einen möglichen Alptraum zu stürzen, wird die Figur nie richtig ergründet. Anstatt Jaspers Charakter zu vertiefen bleibt er eine eindimensionale Figur, die nicht in der Lage ist, das Gewicht der Erzählung zu tragen. Die Zuschauer*innen bleiben mit vielen Fragen zurück. Was ist Jaspers Motivation, jeden einzelnen der „toten Briefe“ zu ihren richtigen Adressat*innen zu senden? Und wie ist er in Verbindung mit seinem skandinavischen Hackerkumpanen gekommen, der ihm dabei hilft? Warum muss er sterben, ohne überhaupt richtig da gewesen zu sein?

Der Showdown, der die aufgestaute Spannung eigentlich auflösen sollte, kommt viel zu abrupt und bleibt oberflächlich. Was sich über die gesamte Laufzeit angedeutet hat, wird in einem einzigen, hastig abgehakten Moment abgehandelt – ohne den dramatischen Höhepunkt, den man nach dem langen Aufbau erwarten würde. Der Film verliert sich in einem schwachen Versuch, die Zuschauer*innen zu überraschen, und versäumt es, die notwendigen emotionalen und narrativen Verbindungen zu schaffen. Es ist der Showdown eines Gedankens, der nie richtig zu Ende gedacht wurde, und das lässt den Film als unbefriedigendes Erlebnis zurück.

Ein wenig Licht kommt im Abspann: Dead Mail basiert auf wahren Begebenheiten. Diese Tatsache wird jedoch zu spät und zu beiläufig präsentiert, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Hätte der Film die Verbindung zu den realen Ereignissen früher und intensiver genutzt, hätte dies möglicherweise eine tiefere Dimension zu den Geschehnissen hinzugefügt und den Schrecken authentischer erscheinen lassen. Stattdessen bleibt diese Information ein schwacher Nachklang, der wenig zur Gesamtwirkung des Films beiträgt.

Abschließend lässt sich sagen, dass Dead Mail ein Film ist, der in seiner Inszenierung vieles richtig machen möchte, dabei jedoch an den grundlegenden Zutaten eines Horrorfilms scheitert: Spannung, tiefgründige Charaktere und ein glaubwürdiger Aufbau von Angst. Sehr schade, so war Angst doch das diesjährige Lichter-Thema.

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