22.04. ‐ 27.04.2025

Spielerinnen

von Moses Erstling | am Donnerstag, 24. April 2025

Aysun Bademsoy | 2024 | Langzeitbeobachtung | Deutschland

Lichter FilmfestKritiker Blog

Ein Sehnsucht in den Augen, das ist es, was die Protagonistinnen gemeinsam haben. Die vier Frauen, um die es in der Dokumentation Spielerinnen geht, verbindet noch etwas anderes: der Fußball. Alle haben gemeinsam im Verein BSC Agrispor aus Berlin Kreuzberg mitgespielt, damals, vor mittlerweile fast 30 Jahren.

Die Regisseurin Aysun Bademsoy versucht in ihrem Film, ein Bild dieser Frauen zu zeichnen, die neben diesen zwei Gemeinsamkeiten doch sehr unterschiedliche Menschen sind, schwer zu greifen, wirklich.

Bademsoy ist den Frauen nicht fremd; schon 1995, als sie noch Teenager waren, und stolz in der damals einzigen türkischen Frauen-Fußballmannschaft Europas spielten, fing sie ihren Alltag für die Dokumentation Mädchen am Ball ein. Seitdem ist viel passiert, und zwischen diesem ersten und neuesten Film kamen auch zwei andere Teile 1997 und 2008 heraus. In Spielerinnen werden ab und zu Szenen gezeigt, die die jungen Frauen von damals zeigen, glücklich beim Spielen, wie sie gemeinsam lachen, frei sind. Aber schon bei den alten Aufnahmen fällt auf, dass ihnen etwas anhaftet, eine Verantwortung.

In Interviews erzählen sie strahlend, wie sie von allen türkischen Zuschauer:innen angefeuert wurden wie wild. Weil es so etwas nicht gab, eine türkische Frauenmannschaft. Und sie fallen immer wieder in diese Erzählungen zurück, schwärmen, verlieren sich kurz darin. Dann lächeln sie alle, schwelgen in der Erinnerung, und es ist schön, die Frauen so befreit zu sehen. Es war eine gute Zeit, damals, sagen sie. Beim Spielen waren sie glücklich.

Heute, dreißig Jahre später, sieht und fühlt man die Verantwortung schwerer. Sie alle sind ständig unterwegs, viel beschäftigt. Kinder, Arbeit, die Eltern, das Leben. Das Lächeln ist seltener, verhalten, und räumt schnell wieder Platz für den suchenden Blick: was gibt es noch zu tun? Die Doku versucht sich den Frauen anzunähern, ihrem Leben, ihren Familien. Und es gibt viele wunderschöne Momente, die bewegen. Doch sie ist auch suchend, wie ihre Protagonistinnen, hangelt sich von der einen Frau zur anderen, scheint sich nicht ganz sicher zu sein, wo sie hinwill. Findet keinen roten Faden, außer den, der offensichtlich sein soll: dass diese Spielerinnen jetzt älter sind und wir damit umgehen sollen, was aus ihnen geworden ist.

Denn ja, vielleicht ist er sogar ein bisschen wie ein Schlag ins Gesicht, dieser Film. Weil wir konfrontiert sind mit der Realität von Frauen, die zwar ihr Leben lang in Deutschland leben, aber nie als Deutsche anerkannt werden. Die müde sind, weil ihre Arbeit, die Arbeit ihrer Eltern und hoffentlich doch nicht die ihrer Kinder, nie endet. Die Kinder, die auch Ausländer genannt werden, sich selbst so bezeichnen. Man kann in Bademsoys Doku viel finden: Fragen nach Zugehörigkeit, Perspektiven der Kinder, die selbst keine Kinder mehr sind, Wünsche und Hoffnungen für die Zukunft. Und eben diese Sehnsucht. Nach der Türkei? Immer wieder wird das Land angesprochen als Sehnsuchtsort, als Land aus der Vorstellung, wird aber auch kritisiert. Vielleicht ist es auch eine hineingedichtete Sehnsucht, die ich zu erkennen meine. Weil die jungen Frauen von damals nicht Profifußballerinnen geworden sind, wie sie es in Mädchen am Ball alle verlauten ließen. Sondern Jobs nachgehen, die fast langweilig gewöhnlich erscheinen und nicht zusammenpassen wollen mit dem Bild, das man sich für sie mit ihnen erdacht hat. Doch das ist vielleicht auch die Stärke des Films: uns mit der Realität zu konfrontieren, was es bedeutet, älter zu werden als Kind oder Enkelkind türkischer sogenannter Gastarbeiter:innen. Was die Gesellschaft macht, mit Träumen von Bundesliga und Profifußball, wenn die träumenden junge Frauen in den 90ern sind.

Der Film entlässt uns aber mit einer der schönsten Szenen: die vier Frauen, wieder in Trikots auf dem Fußballplatz. Lachend, spielend.

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